Der Wildschweinverwurster

(von Hans-Werner Bunz; „Der Feinschmecker“, 2006)
Ein fränkischer Bierbrauer und Jäger wird Qualitätsmetzger.
Wildreich sind die Wälder in Tauberfranken, im nahen Odenwald und Spessart. Das Wildschwein hat sich so stark vermehrt, dass es zur Plage wurde. Schwerarbeit für den Wolfersatz, die Jagdpächter. Schlau sind sie, die Sauen, Keiler und Überläufer, schnell und zäh. Wenn das Jagdglück lacht, wird das Wild verkauft. Zu niedrigen Preisen, denn das Angebot ist üppig. „Nicht mein Ding“, sagte sich Stefan Bauer. Der Inhaber (Anm. verstorben 2008) der Distelhäuser Brauerei in Tauberfranken wollte das erstklassige Fleisch nicht länger verramschen. So entstand vor über 10 Jahren (Anm.: 2004) die Idee zu Bauer’s Brotzeit, mit der er einen Blitzstart hinlegte.
Gros kam und seine Spezialitäten waren groß im Kommen.
Der Jäger begann – zuerst nebenbei – aus dem erlegten Wild Würste und Schinken herzustellen. Die könnte er ja für die kulinarischen Veranstaltungen der Brauerei verwenden. Vielleicht auch als Geschenk für nette Kunden. Ein Metzgermeister war mit Bernhard Gros schnell gefunden, und zufällig gab es eine stillgelegte Metzgerei neben der Brauerei. Dort machte Gros am Wochenende aus Wildschwein- und Rehkeulen die ersten Schinken und aus dem übrigen Fleisch knackige Wildschweinbeißer und würzige Bratwürste. Die Kundschaft war entzückt. Bauer kam kaum mit dem Schießen nach und stellte seinem Metzger die entscheidende Frage: „Wärst du bereit, ganz für mich zu arbeiten?“ Gros sagte sofort zu.
Man hatte Großes vor und es wurde noch größer!
Schnell war beiden klar: Die Metzgerei reicht nicht. Also beauftragte man einen Architekten mit dem Umbau. Doch der Erfolg der Würste überholte den Architekten mit dem Umbau. Kein kleiner Umbau, eine große leistungsfähige Metzgerei musste her. Aus dem Umbau wurde fast ein kompletter Neubau, der strengen hygienischen Ansprüchen genügt. Denn die Verarbeitung von „unreinem“ Wild, das in der Decke angeliefert wird, muss strikt von der Verarbeitung des enthäuteten Schlachtfleischs getrennt geschehen.
Butter bei die Fische: Regionalität und Frische!
Zur großen Metzgerei kam ein neues Konzept: das Beste aus der Region, für die Region. Die Menagerie wuchs. Neben Reh und Wildschweinen aus eigener Jagd oder von befreundeten Jagdpächtern wurden artgerecht gehaltene Schweine und Weiderinder aus bäuerlicher Aufzucht zu fränkischen Hausmacherwürsten verarbeitet.
Natürlich bestimmen die Jahreszeiten das Angebot!
Das Konzept von Bauer’s Brotzeit: eine Metzgerei so vielfältig wie der Jahresverlauf, immer wieder anders. Die Abwechslung in der Natur soll sich in der Ladentheke spiegeln.
Beim Wild bestimmen die Jagdzeiten das Angebot, beim Schlachtfleisch die jahreszeitlich bedingte Fleischqualität und die Verfügbarkeit der Tiere. Es kann nicht immer alles geben. Brot, Käse, eingemachte Gurken, Landgockel und noch ein bisschen mehr ergänzen das Angebot – alles von ausgesuchten Genusshandwerkern der Region. Die Verkaufspreise sind angemessen. Schnäppchen gibt’s woanders. Und der Firmenname ist Programm: Bauer’s Brotzeit – da weiß man wie das Angebot aussieht.
Übrigens: Die Metzgerei befindet sich etwas versteckt unterhalb vom Distelhäuser Sudhaus.